Arbeitssituationsanalysen

Psychische Faktoren haben einen ebenso großen Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden wie körperliche Faktoren. Deswegen besteht seit 2013 für alle Unternehmen eine gesetzliche Verpflichtung, diese Faktoren im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung mit zu berücksichtigen (§ 5 Arbeitsschutzgesetz). Die Arbeitssituationsanalyse ist die Methode der Wahl, um eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen durchzuführen.
Der Anteil von psychischen Erkrankungen nimmt stetig zu. 2020 machte der Anteil an ausgewiesenen psychischen Erkrankungen 17% der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus. Dabei beeinflussen psychische Belastungen nicht nur die Krankmeldungen, auch verminderte Leistungsfähigkeiten am Arbeitsplatz können durch psychische Faktoren bedingt sein. Insgesamt hat sich in der veränderten Arbeitswelt das Belastungspotenzial verschoben. Von physischen Faktoren gehen inzwischen deutlich weniger Gefahren aus, wohingegen das Gefährdungspotenzial durch mentale Einflüsse steigt.
Wie groß ist der Zeitdruck? Welcher Umgang wird unter den Mitarbeitenden und mit den Vorgesetzen gepflegt? Welche Erwartungen an Überstunden und Erreichbarkeit gibt es in der Organisation? Diese und viele andere sind Aspekte, die das Wohlbefinden der Mitarbeitenden und ihre Gesundheit beeinflussen.
Um psychische Gefährdungen festzustellen und zu benennen, werden im Rahmen der Arbeitssituationsanalyse, kurz ASA oder AsitA, die Mitarbeitenden direkt über ihre Arbeitssituation befragt. Die Arbeitssituationsanalyse kann praxisnah und effektiv Belastungen, aber auch Ressourcen einer Arbeitssituation abbilden, und so die Risikofaktoren und Stärken für die Gesundheit am Arbeitsplatz aufzeigen.
Damit ist eine regelmäßig durchgeführte Arbeitssituationsanalyse auch für die Organisation ein Frühwarnsystem, das Kosten durch Ausfälle und Leistungseinbußen minimieren hilft.

Ihre Ansprechpartnerin
für Arbeitssituationsanalysen

Hanna Nolze

Was ist eine Arbeitssituationsanalyse?

Eine Arbeitssituationsanalyse (kurz ASA oder AsitA) ist ein strukturiertes Verfahren (Methode), in dem die Belastungen und Ressourcen einer Arbeitssituation identifiziert werden, und Mitarbeitende ihre gesundheitsgeleiteten Vorschläge einbringen. Arbeitssituationsanalysen finden meist im Rahmen von Gefährdungsbeurteilungen statt. Seit 2013 müssen Gefährdungsbeurteilungen auch die psychischen Belastungen miterfassen, entsprechend nimmt die Bedeutung von Arbeitssituationsanalysen zu.

Eine Arbeitssituationsanalyse umfasst alle Bereiche, die die Arbeitssituation beeinflussen, dazu gehören unter anderem:

  • Die Tätigkeit an sich (z.B. Konzentrationsaufwand, nötiges Fachwissen, Genauigkeit)
  • Die Arbeitsumgebung (z.B. Raumsituation, Lärmpegel, Temperatur, Licht)
  • Die Arbeitsorganisation (z.B. Schnittstellen mit anderen Abteilungen, Planbarkeit, Unterbrechungen)
  • Das Klima im Team und der Organisation (z.B. Sozialkontakte, gegenseitige Unterstützung)
  • Das Verhalten der Vorgesetzten (z.B. Kommunikation, Wertschätzung, Kontrolle und Vertrauen)

Die Arbeitssituationsanalyse ist ein Verfahren, das subjektive Einschätzungen der Mitarbeitenden über ihre Arbeitssituation in den Mittelpunkt stellt. Denn anders als physische Bedingungen, lassen sich subjektiv empfundene Belastungen nicht von außen einschätzen. Entsprechend werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als ‚Experten für ihre eigene Arbeitssituation‘ betrachtet und behandelt.

Wer führt die Arbeitssituationsanalysen durch?

Üblich und durchaus sinnvoll ist es, die Analyse psychischer Faktoren in Zusammenarbeit mit einer externen arbeitspsychologischen Beratung durchzuführen. Dabei kann der jeweilige Beratungsanteil je nach Aufwand, betrieblichen Möglichkeiten und Budget variieren. Alternativ kann die Arbeitssituationsanalyse auch von Personen bzw. Abteilungen innerhalb der Organisation durchgeführt werden. Hierbei sind jedoch einige Punkte zu beachten, insofern sollte zumindest eine begleitende Beratung durch Fachkundige eingeplant werden.

Wie läuft eine Arbeitssituationsanalyse ab?

Vorbereitung:

Zur Vorbereitung der Arbeitssituationsanalyse werden die verschiedenen Arbeitsplätze einer Organisation erst zu vergleichbaren Arbeitssituationen gruppiert (bspw. Büro, Außendienst, handwerklich, Führungsebene), um sie später sinnvoll getrennt zu bearbeiten. Alternativ können die Gruppierungen analog zu den organisationalen Arbeitseinheiten z.B. Abteilungen vorgenommen werden.

Befragung und Workshop:

Eine Arbeitssituationsanalyse beginnt üblicherweise mit der Befragung der Mitarbeitenden (die Datenerhebung). Je nach Bedarf und Situation kann die Datenerhebung als Gruppeninterview oder auch als schriftliche Befragung (Fragebogen) durchgeführt werden. Die Ergebnisse werden dann in Workshops weiterbearbeitet: Das sind Gruppenformate, in denen die Ergebnisse der Befragung konkretisiert werden. Die Befragungen und Workshops finden jeweils innerhalb der zuvor definierten Gruppen statt. Oft lohnt es sich die Ergebnisse der einzelnen Gruppen auf Organisationsebene zusammenzufassen. So lassen sich übergreifende ‚Trends‘ erkennen, die die Organisation als Ganzes betreffen.

Verbesserungen und Follow-Up:

Auf Basis der Befragungsergebnisse werden gemeinsam mit den Mitarbeitenden (den Experten) Ideen entwickelt, wie Belastungen minimiert und Ressourcen gestärkt werden können. Sowohl die Ergebnisse als auch die Ansätze werden protokolliert und der Organisation bzw. den Führungskräften übergeben, idealerweise im Rahmen eines begleiteten, moderierten Gespräches. Sie werden gesichtet, beurteilt und gewichtet und ein Maßnahmenplan erstellt, inklusive Zeitplan. Im Verlauf der Umsetzung nach etwa 6-12 Monaten erfolgt ein Follow-Up, in dem sowohl die ursprünglichen Ergebnisse als auch der Verlauf und Erfolg der Maßnahmen bisher evaluiert und ggf. nachjustiert werden.

Im Idealfall entwickelt sich ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, so dass in sinnvollem zeitlichen Abstand weitere AsitA Prozesse folgen.

Was ist bei Arbeitssituationsanalysen zu beachten?

Soll Ihre Arbeitssituationsanalyse ein realistisches Bild der Belastungsfaktoren und Ressourcen wiedergeben, dann gilt es, folgende Punkte zu beachten:

  • Der:die Durchführende sollte in einem neutralen Verhältnis zu den Mitarbeitenden stehen und im alltäglichen Arbeitsleben keinen formalen oder informellen Einfluss auf die Befragten haben. Deswegen entscheiden sich viele Organisationen externe Berater als Durchführende zu engagieren.
  • Anonymität ist höchstes Gebot! Die Daten werden so erhoben, dass die Ergebnisse keine Rückschlüsse auf Einzelne zulassen, damit die beteiligten Mitarbeiter:innen keine Nachteile fürchten müssen und engagiert teilnehmen können. Aussagen in Protokollen werden vor einer Veröffentlichung von den Beteiligten freigegeben und lassen keinen individuellen Sprachstil erkennen. Als Faustregel gehören zu einer Gruppe von Befragten mindestens 7-8 Personen, um die Anonymität zu gewährleisten.
  • Die Fragen sind so gestellt, dass die Antworten inhaltlich verwertbar und zweckdienlich sind. Zielführende Befragungen benötigen sorgfältige Vorüberlegungen und thematisches Fachwissen. Lassen Sie daher Ihre Befragung bzw. Ihren Interviewleitfaden sowie Ihr Auswertungsschema im Vorfeld von einem arbeitspsychologischen Berater überprüfen.
  • Arbeitssituationsanalysen brauchen die Rückendeckung der Geschäftsführung. Sie brauchen Ressourcen wie Zeit und Organisationsaufwand und sie wecken Erwartungen und ggf. Hoffnungen bei Mitarbeiter:innen. Wird der Arbeitssituationsanalyse Prozess unerklärlich verzögert, oder die Ergebnisse versanden ohne Konsequenzen, dann hat dies langfristig einen demotivierenden Effekt.
  • Betrachten Sie die Mitarbeitenden als Partner:innen und Expert:innen ihrer Arbeitssituation. Nicht nur, weil sie es de facto sind, sondern auch weil sie dann ernsthafte, fachkundige Ergebnisse zu Belastungen, Ressourcen und Lösungsansätzen erhalten. (Wie man in den Wald hereinruft, so schallt es heraus.)
Was sind die Vorteile einer fachkundig durchgeführten Arbeitssituationsanalyse
  • Eine Arbeitssituationsanalyse schafft die Erkenntnisse und die Grundlagen, auf die weitere Maßnahmen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement gezielt aufgesetzt werden können. So kann das vorhandene Budget sehr viel wirksamer eingesetzt werden und es können oft auch ‚Quick Wins‘ zur Mitarbeitergesundheit entdeckt und umgesetzt werden.
  • Werden die größten Belastungsherde erkannt und bearbeitet, so kann dies langfristig Krankenstand, Mitarbeiterfluktuation und in der Folge auch Employer Branding positiv beeinflussen.
  • Eine Arbeitssituationsanalyse berücksichtigt auch Ressourcen, insofern erkennen Organisationen unmittelbar, was die Mitarbeitenden an ihrer Arbeit schätzen und wie schwer zu verringernde Belastungen ausgeglichen und abgefedert werden können.
  • In dem eine Organisation die Experten für die Arbeitssituationen befragt (ihre Mitarbeitenden) erhält sie Zugang zu Expertenwissen, ohne dafür kostspielige Experten engagieren zu müssen. Im Gegenzug wird den Mitarbeitenden zugehört, was wiederum die Arbeitszufriedenheit positiv beeinflussen kann.
Was können Nachteile einer Arbeitssituationsanalyse sein?

Die Ergebnisse gefallen nicht allen in der Organisation und bringen Unruhe.

  • Ja, das wird mit Sicherheit passieren. Es gibt viele Momente in denen Mitarbeitende, Führungskräfte und/oder Stabstellen Aspekte der Arbeitssituationen zum Teil völlig unterschiedlich einschätzen. Ein Ziel der Arbeitssituationsanalyse ist es, diese Wahrnehmungen aufzudecken und dann gemeinsam eine produktive Lösung zu finden. In der Moderation dieser Standpunkte braucht es Fingerspitzengefühl. Hier unterstützen arbeitspsychologisch geschulte Berater:innen und Moderator:innen.

Die Arbeitssituationsanalyse kostet zu viel Aufwand und Zeit, die der Arbeitsalltag nicht hergibt.

  • Im Grunde ist das ein erster klarer Hinweis auf hohe Belastungen der Mitarbeitenden. Ist der Arbeitsanfall vorübergehend oder saisonal, dann sollte die Arbeitssituationsanalyse um diese Arbeitsspitzen herum geplant werden. Ist die Arbeitsbelastung dauerhaft hoch, dann hilft ein Vergleich: Ein Apfelbauer findet immer Zeit, seine Bäume zu wässern und auf Krankheiten zu untersuchen, denn er weiß, dass er sonst bald keine Apfelbäume mehr hat.

Die Arbeitssituationsanalyse wird als Alibi-Maßnahme angesehen und die Mitarbeitenden möchten nicht teilnehmen.

  • Dem kann man entgegenwirken, in dem die Unterstützung aller Beteiligten vor allem der Geschäftsleitung und der Führungsebene klar vermittelt wird. Dies gilt insbesondere für die dann folgenden Veränderungsmaßnahmen und Follow-Ups. Auch eine verständliche für alle zugängliche Darstellung des Prozesses und des zu erwartenden Nutzens kann die Akzeptanz in der Organisation stärken.

FAQs – häufig gestellte Fragen

Muss ich eine Arbeitssituationsanalyse durchführen?

Ja, im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung müssen seit 2013 auch psychische Belastungen mit aufgenommen werden. Diese werden über die Arbeitssituationsanalyse erfasst.

Sind Arbeitssituationsanalysen teuer?

Es kommt darauf an. Grundsätzlich bringt eine Arbeitssituationsanalyse Organisationsaufwand mit sich: Der Prozess der Befragung, Termine sowie Räume (physisch und/oder digital) müssen geplant und organisiert werden. Zudem entstehen Opportunitätskosten, denn die Mitarbeitenden stehen während der Teilnahme an der Arbeitssituationsanalyse an ihrem Arbeitsplatz nicht zur Verfügung. Darüber hinaus fallen üblicherweise Kosten für externe Berater an. Eine Arbeitssituationsanalyse kann jedoch gut auf die Bedürfnisse und Ressourcen und somit das Budget einer Organisation zugeschnitten werden.

Was bringen Arbeitssituationsanalysen?

Die Nutzen der Arbeitssituationsanalyse sind unter der Überschrift Vorteile einer fachkundig durchgeführten Arbeitssituationsanalyse dargelegt.

Erzählen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter denn die Wahrheit?

Wahrnehmung der eigenen Arbeitsbelastung ist ein sehr individueller, subjektiver Prozess. Insofern gibt es so viele Wahrheiten, wie es Mitarbeitende gibt. Sie können davon ausgehen, dass Ihre Mitarbeiter:innen einen fachkundigen, differenzierten Blick auf ihre eigene Arbeitssituation haben. Findet die Arbeitssituationsanalyse mit dem Commitment aller Beteiligten statt, und wird sie mit einer Wertschätzenden Haltung gegenüber den Befragten und einer ausreichenden Anonymität durchgeführt, dann haben Sie eine reelle Chance, dass Ihnen diese differenzierten Sichtweisen auch mitgeteilt werden.

Muss die Teilnahme an einer Arbeitssituationsanalyse Arbeitszeit sein?

Die Arbeitssituationsanalyse dient unmittelbar den Interessen der Organisation, daher ist eine Teilnahme für die Mitarbeitenden Arbeitszeit.

Ich habe Ergebnisse, kann aber nichts damit anfangen. Was jetzt?

Je nachdem, wie Sie in Ihrer Arbeitssituationsanalyse vorgegangen sind, können Sie jetzt mehrere Wege gehen: Steigen Sie noch einmal in Ihren Interviewleitfaden oder Fragebogen und die Ergebnissen ein. So erkennen Sie, welche Fragen wie beantwortet wurden und welche Aspekte ggf. zu kurz kamen oder fehlen.

Wenn Ihre Ergebnisse z.B. sehr allgemein sind, oder Aspekte fehlen, dann laden Sie Mitarbeitende zu einem weiteren Gespräch ein, um Ihre Ergebnisse zu konkretisieren und zu ergänzen. Holen Sie sich zudem Unterstützung, extern oder intern. Oft hilft ein frischer Blick, wenn es mühsam wird, aus Daten nützliche Informationen zu extrahieren.

Warum heißt es Arbeitssituation und nicht Arbeitsplatz?

Die Arbeitssituation umfasst alle Faktoren, die auf die Arbeitnehmenden im Rahmen ihrer Arbeitstätigkeit einwirken und die entsprechend als Ressourcen oder Belastungen wirken können. Dazu gehören Faktoren, die unmittelbar den Arbeitsplatz betreffen, aber auch weitergehende Aspekte wie z.B. die Kommunikation in der Organisation oder die Sportangebote.

Die Cor Coaching GmbH als Berater der Wahl für Arbeitssituationsanalysen in Norddeutschland

Wir Berater:innen der Cor Coaching GmbH sind ausgebildete Psychologen und Sozialpädagogen mit langjähriger Erfahrung im Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) als auch als Mitarbeitende und Dienstleister für Organisationen verschiedener Branchen und Größen. Gerade im Bereich Gefährdungsbeurteilung und Arbeitssituationsanalyse agieren wir neben der Prozessberatung und Prozess-Durchführung auch als Mittler und Moderator zwischen den manchmal widerstrebenden Interessen und Wünschen der Organisation und denen ihrer Mitarbeitenden. Wir arbeiten fachlich fundiert, ressourcenorientiert und erleichtern Begegnungen und Austausch zwischen den verschiedenen Beteiligten. Die Cor Coaching GmbH (Cor: lateinisch Herz) wurde 2001 mit einem Fokus auf das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) gegründet. Ihr Hauptsitz ist in Hamburg mit Büros in Berlin und Bispingen bei Soltau.
Gerne nennen wir Ihnen Referenzprojekte. https://www.corcoaching.de/ueber-uns/
https://www.corcoaching.de/schwerpunkte/betriebliches-gesundheitsmanagement/

Sie benötigen fachkundige Unterstützung bei Arbeitssituationsanalysen?
Sprechen Sie uns an.

In einem ersten unverbindlichen Kennenlernen ermitteln wir unter anderem gemeinsam Ihren Bedarf und Ihre Vorstellungen für eine Arbeitssituationsanalyse. Entsprechend Ihrer Vorhaben stehen wir Ihnen dann fachlich beratend zur Seite oder führen die Arbeitssituationsanalyse ganz oder in Teilen für Sie durch. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage.